Dienstag, 22. Februar 2011

Berge des Wahnsinns - H. P. Lovecraft

Dieses mal gibt es einen Klassiker auf die Ohren. Howard Phillips Lovecraft dürfte den meisten bekannt sein. Für die wenigen, die ihn nicht kennen hier nur ganz kurz zusammen gefaßt. Er war ein amerikanischer Horror-Schriftsteller (*1890, †1937) des frühen 20. Jahrhunderts. Er ist einer der Hauptinitiatoren des sogenannten "(Cthulhu-)Mythos", welcher eine Welt beschreibt, in der hinter der uns bekannten Realität uralte Wesenheiten lauern, deren Anblick allein den Wahnsinn bringen können. Götter aus anderen Dimensionen, für welche die Menschen nur kleine, unbedeutende Insekten sind.

Die Protagonisten in einem typischen Mythos-Roman versuchen sich diesen Kreaturen und ihrem Gezücht entgegenzuwerfen, um für die Menschheit kleine Siege im ewigen Kampf zu erringen, nur um am Ende daran zu zerbrechen. Niemand der einmal hinter die Schleier geblickt hat, kann danach in ein normales Leben zurückkehren. Wahnsinn ist ein beliebtes Stilmittel und die endgültige Konsequenz in vielen Geschichten.

Neben H.P. Lovecraft haben noch einige weitere Autor das finstere Pantheon rund um Cthulhu erweitert. Manche davon gemeinsam mit Lovecraft, andere schrieben vor seiner Zeit Geschichten, auf die Lovecraft aufbaute oder die sich später sehr gut einfügten, andere folgten nach. Noch heute findet man viele Motive und Namen in modernen Erzählungen und nicht selten führen berühmte Schriftsteller, Filmemacher und andere "Barden" der Neuzeit Lovecraft als einen ihrer großen Vorbilder an.

Lovecrafts Geschichten begleiten mich schon sehr lange und faszinieren mich durch ihre ganz eigene Art. Vor allem heute, wo es die technischen Möglichkeiten den Filmemachern leicht macht monströse Wesenheiten bis auf den letzten kariösen Backenzahn lebensecht darzustellen, bevorzuge ich den subtilen Horror einer guten Cthulhu-Geschichte. Lovecraft konzentrierte sich mehr auf die Gefühle und Ängste der Charaktere, wenn sie durch das Dunkel stolperten und versuchten zu verstehen, was da geschehen war und was da auf sie lauerte. Seine Geschichten vermitteln mehr das Gefühl eines Tatsachenberichtes als das einer fiktiven Geschichte. Und eben dieser Realismus gepaart mit dem subtilen Ton, der eben nicht alles bis ins Detail ausleuchtet, sondern vieles dem Leser überläßt, gefällt mir so an den Geschichten.

Und mit "Berge des Wahnsinn" gibt es heute die erste Rezension zu einem H.P. Lovecraft Hörbuch.

Titel: Berge des Wahnsinns
Autor: H.P. Lovecraft
Sprecher: David Nathan
Genre: Horror-Klassiker
Lauzeit: 05 Std. 46 Min. (ungekürzt)

Verlag: LPL Records
Erschienen: 2008

Preis: € 13,95 (Flexi-Abo: € 9,95)

Zur Story: Der namenlose Ich-Erzähler bricht sein langes Schweigen und spricht über die tatsächlichen Ereignisse, welche die einstige Antarktis-Mission derart scheitern ließ und zum Tode so vieler Männer führte. Er berichtet über die anfänglichen Erfolge und darüber, wie sich ein Teil der Mannschaft zu einer Sonderexpedition aufmachte, um etliche hundert Meilen entfernt einer Spur von seltsamen Abdrücken im Schiefergestein nachzuspüren. Diese Mission führte schließlich neben atemberaubenden Entdeckungen zu einem unglaublichen Fund. In der Nähe eines riesigen Bergmassivs finden sich in einer freigesprengten Höhle erstaunlich gut erhaltene Leichen von einer bislang unbekannten Lebensform. Mit einigen Mühen wurden diese schließlich ins Lager gebracht, um dort weiter untersucht zu werden. Anschaulich wird dem Ich-Erzähler per Funk jeder einzelne Handgriff geschildert. Doch am nächsten Morgen schweigt das Funkgerät. Und auch in den folgenden Stunden hört man nichts mehr von der weit entfernten Mannschaft und man beschließt schließlich, selbst nachzuschauen, was dort vor sich geht.

Der Rettungstrupp trifft schließlich in einem verwüsteten Lager ein. Drohend erheben sich die Berge vor ihnen, welche wegen der Gefühle, die nicht nur den Erzähler beschleichen, Berge des Wahnsinns getauft werden. Schnell wird klar, daß bis auf einen keiner der Expeditionsteilnehmer überlebt hat und von dem Letzten fehlt jede Spur. Die Zelte scheinen durchsucht worden zu sein. Von den Leichen der unbekannten Spezies sind nur noch drei auffindbar und diese wurden auf eigentümliche Art und Weise bestattet. Was war geschehen?

Der Erzähler und ein weiter machen sich auf, die nahen Berge mit dem Flugzeug zu erkunden und was sie dort finden, übersteigt ihre wildesten Träume oder schon bald Alpträume.

Das größte Anliegen des Erzählers liegt nun darin, eine erneut geplante Antarktis-Expedition durch seine Enthüllungen aufzuhalten, denn es könnte nicht nur den Tod der Männer bedeuten, die sich in die eisige Kälte wagen...

Sprecher: David Nathan gehört zu meinen Top-Favoriten, wenn es um Sprecher geht. Ganz gleich ob es seine Synchronisation von Johnny Depp ist, er für ein Computerspiel einen Charakter übernimmt oder wie in diesem Falle ein Hörbuch einspricht. Der Mann kann mich allein mit seiner Stimme fesseln und in eine Geschichte hineinziehen.

Vor kurzem habe ich einen schönen Satz bezüglich Lovecraft und Begriffe / Namen gehört: "Wenn du es aussprechen kannst, dann ist es kein Lovecraft Begriff." Wer den Mythos kennt und schon mal solche Wesen wie Yog-Sothtot, Shub-Niggurath, Nyarlathotep, usw. versucht hat, laut auszusprechen, der dürfte sich aus der Seele gesprochen fühlen. Mittlerweile glaube ich, daß ich sie einigermassen richtig betonen kann, bin mir aber nicht wirklich sicher. Und darum ziehe ich meinen Hut vor David Nathan, der die zungenbrecherischen Ausdrücke mit Bravour meistert und es dabei auch noch schafft, daß es nicht unfreiwillig komisch wirkt, sondern im Gegenteil sie sich gut in die Geschichte einfügen.

Bei "Berge des Wahnsinns" handelt es sich um eine Erzählung, in der eine Person seine Erlebnisse noch einmal Revue passieren läßt und dementsprechend gibt es keine wirkliche "Action". Trotz dieses eher ruhigen Vortrags schafft es David Nathan das Interesse des Hörers am Ball zu halten. Ich bin froh, daß LPL Records bei fast allen Lovecraft Hörbüchern auf seine Stimme vertrauen. Aus meiner Sicht oder besser gesagt meinem Gehör, die beste Wahl.

Fazit: "Berge des Wahnsinns" sind ein Horror-Klassiker. Und wie bei den meisten Klassikern muß man sich auf etwas einlassen, was nicht mehr mit den gängigen Formen vergleichbar ist. Lovecrafts Erzählstil dürfte für Mythos-Neulinge mehr als nur gewöhnungsbedürftig sein und wer es gewohnt ist, daß das Monster nach 5 Minuten aus dem Schatten springt und möglichst blutrünstig den nächsten Teeni-Cheerleader verspeist, für den dürfte die Geschichte nicht wirklich spannend sein. Lovecraft läßt sich Zeit und selbst in den Höhepunkten, geschieht aus heutiger Horror-Sicht nicht wirklich schreckliches. Wer sich aber darauf einläßt und sich vergegenwärtigt, daß es sich bei den Protagonisten um normale Menschen handelt, dann erlebt man eine ganz andere Art von Horror.

Es sind keine "Helden", denen ein halb zerfleischter Zombie nur ein müdes Lächeln abringt, während sie die Kettensäge anschmeißen und einen trockenen Spruch vom Stapel lassen. Diese Leute sind wie du und ich. Sie haben vor ganz normalen Sachen Angst und plötzlich tritt etwas in ihr Leben, daß allem widerspricht, was für sie die Realität ausmacht. Trotzdem versuchen sie dagegen anzutreten, auch wenn das unausweichliche Ende auf sie wartet.

Lovecraft breitet in "Berge des Wahnsinns" eine eigene Weltgeschichte vor dem Leser / Hörer aus. Die Realität wie wir sie kennen ist nur eine Lüge, die wir uns gerne zurechtlegen, um unser Leben überhaupt ertragen zu können. Der Horror liegt in der realistischen Atmosphäre des Ganzen und dem Können, sich selbst in diese Situation einzufühlen.

Einen kleinen Wermutstropfen gibt es für mich aber doch. Die Musikeinspieler waren in meinen Ohren störend und machten wenig Sinn. Sie haben die Stimmung für mich nicht bereichert, sondern im Gegenteil warfen sie mich an manchen Stellen aus der Geschichte. Ich hätte mir eher eine etwas dezentere, natürlichere Musik gewünscht, die auch mal unter die jeweilige Situation gelegt hätte werden können. Statt dessen wurde in den Pausen immer wieder die Musik eingespielt, die für mich zu künstlich und unpassend geklungen hat. Dank des sehr guten Sprechers und dem zum Glück seltenen Einspielern konnte das aber dem Hörgenuß immer nur kurz schaden und bereits wenige Moment nach verklingen der störenden Klänge, hatte mich David Nathan wieder an der Hand gepackt und mit auf die Berge des Wahnsinns gezogen.

Für diejenigen, die Lovecrafts Geschichten bisher noch nicht kannten, ist "Berge des Wahnsinns" eher ein schwieriger Einstieg. In einem der nächsten Reviews stelle ich Euch eine Sammlung von kürzeren Geschichten vor, die eher geeignet sind, um in dem "Mythos" hineinzuschnubbern. Allen, die dem Grauen schon verfallen sind, kann ich "Berge des Wahnsinns" wirklich sehr empfehlen.

Euer

Papa Rabe w^v^w

Das Hörbuch gibt's auch bei Audible zum download:
Berge des Wahnsinns

Hörprobe und weitere Infos findet Ihr HIER auf der Audible-Seite!

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