Wer meinen Blog kennt weiß, dass Hörbücher und –spiele ein wichtiger Teil meines Lebens sind und eine Zeit lang habe ich mich auch darum bemüht, diese Leidenschaft mit Hilfe von Rezensionen weiterzugeben. Leider geschah schließlich das, was den meisten Hobbyprojekten zustößt, nämlich rollte das Leben mit voller Breitseite darüber hinweg und es fehlte schlichtweg die notwendige Zeit, das Ganze weiterzuführen, was ich sehr bedauere. Aber das Kribbeln in den Fingern ist noch da und nachdem ich mich selbst dahingehend überlistet habe, dem Blog wieder etwas Leben einzuhauchen, will ich auch diesem Teil von mir wieder eine Stimme geben. Vorerst gibt es nur einen Kompromiss, dazu gleich mehr, und keine vollwertigen Rezensionen, aber das ist besser als gar nichts, würde ich meinen. Und bei dem, was ich hier besprechen möchte, passt es eh ganz gut, es so zu machen.
Was soll das also jetzt werden, wenn schon keine richtige Rezension? Sonst habe ich mich immer einem einzelnen Hörbuch oder Hörspiel verschrieben und dieses ausführlich besprochen. Jetzt möchte ich fürs Erste Pakete schnüren, die thematisch zusammenpassen und bei denen es mehr Sinn macht, sie im gesamten zu besprechen als einzelnen. Den Anfang soll einer meiner Lieblingsschriftsteller machen und zwar der leider kürzlich verstorbene Terry Pratchett. Genauer gesagt ein kleiner Teil seiner Scheibenwelt-Reihe, die von Volker Niederfahrenhorst eingelesen wurde.
Zu Terry Pratchett brauche ich, wie ich glaube, nicht viel zu schreiben, denn den Namen dürfte man eigentlich kennen. Dennoch vielleicht der Vollständigkeit halber kurz zusammengefasst: Sir Terry Pratchett war ein englischer Schriftsteller, der vor allem durch seine Scheibenwelt-Romane bekannt wurde. Diese Reihe umfasst mit dem letzten Roman, The Shepherd's Crown, der im September diesen Jahres erscheinen soll, 41 Bände. In seinen Büchern trifft Fantasy auf herrlich schrägen Humor durchsetzt mit Sozialkritik und einem riesigen Sammelsurium an einzigartigen und lebendigen Charakteren. Sollte es tatsächlich einen unter meinen Lesern geben, dem Terry Pratchett kein Begriff ist, dem möchte ich wirklich wärmstens ans Herzlegen, einmal ein Werk von Ihm zu genießen. Und passend dafür hätte ich auch gleich den richtigen Botschafter: Volker Niederfahrenhorst.
Mittlerweile haben schon viele Stimmen die Scheibenweltromane zum Leben erweckt und teilweise gibt es auch verschiedene Versionen der einzelnen Bände. Gevatter Tod als Beispiel erschien sowohl in einer Hörspiel- als auch Hörbuchfassung. Andere sind gekürzt und ungekürzt von verschiedenen Personen eingelesen worden (Das Licht der Phantasie u.a.). In welcher Form und von wem man sich nun auf die flache Scheibe, die von vier Elefanten getragen, welche auf dem Rücken einer riesigen, durchs Weltall gleitenden Schildkröte steht, entführen lässt, ist natürlich Geschmackssache, aber ich möchte mich hier einmal weit aus dem sprichwörtlichen Fenster lehnen und sagen: Mit den ungekürzten Scheibenwelt-Hörbüchern die von Volker Niederfahrenhorst eingelesen wurden, macht keiner etwas falsch.
Es ist ein ewiger Streit, in welcher Reihenfolge man die Bände nun gelesen/gehört haben sollte, aber Volker Niederfahrenhorst hat in jedem Fall den Anfang der Scheibenwelt vertont und zwar die ersten beiden Bände „Die Farbe der Magie (Band 1)“ und „Das Licht der Phantasie (Band 2)“, die gemeinsam eine zusammenhängende Geschichte bilden. Hier lernt man neben der Welt im Allgemeinen bereits einen wichtigen Vertreter des Scheibenwelt-Pantheons kennen und zwar Rincewind, den unfähigsten, aber wahrscheinlich schnellsten Zauberer der Scheibenwelt, wenn es ums davonlaufen geht. Leider weißt danach die Reihenfolge Lücken auf, die nur zum Teil von anderen Sprechern gefüllt wurden und diese zum Teil auch nur durch gekürzte Werke. Ich möchte mich hier aber auf die Hörbücher von Volker Niederfahrenhorst beschränken. Warum ich das schreibe liegt daran, dass Band 3 (Das Erbe des Zauberers) bisher nicht vertont wurde. Danach springt aber wieder der hier ins Rampenlicht gesetzte Sprecher in die Bresche und gibt in „Gevatter Tod (Band 4)“ dem wahrscheinlich beliebtesten Charakter, TOD, eine Stimme, welcher nur in GROSSBUCHSTABEN spricht. „Der Zauberhut (Band 5)“ bietet noch einmal Rincewind eine Bühne. Danach noch zwei Hörbücher mit TOD in der Hauptrolle, die aber in der Reihenfolge der Veröffentlichungen weit auseinander liegen („Alles Sense (Band 11)“ und „Schweinsgalopp (Band 20)“). Und damit ist dieses Paket auch schon fertig geschnürt.
Die Scheibenwelt sollte man, wenn möglich, der Reihe nach erkunden, denn sie entwickelt sich sehr stark. Am Anfang noch eine eher High-Fantasy Welt mit Drachenreitern, großem Magierkrieg und allem Drum und Dran, entwickelt es sich Stück für Stück zu einer ganz anderen, die aber immer noch die Scheibe auf den vier Elefantenrücken auf der Schildkröte ist. Charaktere verändern und entwickeln sich, neue kommen hinzu, Verbindungen untereinander entstehen, ab und an geht auch einer. Für mich ist es dieses wachsen und gedeihen, was neben den vielen tollen Ideen und Geschichten den Spaß an den Büchern ausmacht. Ich wollte in diesem Beitrag aber Volker Niederfahrenhorst als Leitthema nehmen, denn wie kaum ein zweiter versteht es dieser Mann, jedem Charakter der Geschichte (und wer Terry Pratchett kennt weiß, das sind nicht wenige) eine eigene Persönlichkeit zu geben. Als großes Beispiel sei hier TOD besonders hervorgehoben, denn durch die oben bereits erwähnte Besonderheit, dass TOD in GROSSBUCHSTABEN spricht, weiß der Leser immer sofort, wenn ER etwas sagt und sei es nur ein JA, denn es braucht kein „sagte TOD“. Dieser Umstand wird immer wieder gerne dazu verwendet, um herrliche Situationskomik zu schaffen. Das macht es für den Zuhörer aber erst einmal schwer herauszuhören, wenn der Sprecher darauf verzichtet, einzelnen Charakteren unterschiedliche Stimmen zu geben. So zum Beispiel der von mir sehr geschätzte Jens Wawrczeck. In „Einfach Göttlich“ kommt so eine Szene vor und da alle Charaktere ziemlich ähnlich klingen, geht der Witz in meinen Ohren etwas verloren. Bei anderen Sprechern werden Stimmverzerrer oder Effekte (z.B. hallender Satzanfang und -ende) eingesetzt, aber auch hier reißt mich dieser Trick persönlich etwas aus dem Fluss der Erzählung. Es wirkt plötzlich künstlich, wenn in dem 12-Stunden-Hörbuch doch ansonsten auf solche Sachen komplett verzichtet wird. Hier zieht Volker Niederfahrenhorst für mich alle Register und selbst Gespräche zwischen verschiedenen Personen klingen natürlich und lassen jeden Charakter einzeln in meinem Kopf lebendig werden und aus einem Hörbüch wird ein 1-Mann-Hörspiel.
In wie weit es nun als gut beurteilt werden kann, dass auch mit dem einen oder anderen Dialekt gearbeitet wird, obwohl wir uns nicht in Deutschland sondern auf der Scheibenwelt befinden, ist Geschmackssache. Ich persönlich fand es meist sehr passend umgesetzt und es hat mich nie aus der Geschichte herausgeworfen. Ganz im Gegenteil hört sich Ponder Stibbons in meinem Kopf nun auch beim Lesen genauso an, wie ihn Volker Niederfahrenhorst verkörpert hat (oder sagt man in diesem Zusammenhang verstimmt?). Abgesehen von Dialekten ist er ein wahrer Stimmenakrobat. Dazu seine angenehm eingängige Stimme und ruhige Betonung und schon breitet sich der Kosmos der Geschichte in einer derart vielfältigen und weitgefächerten Bandbreite ab, wie ich es selten bei einer Lesung erleben durfte.
Jetzt war ich wieder neugierig, wie jedes Mal, wenn ich mich mit einem Hörbuch/-spiel auseinandersetze, wer denn nun hinter der Stimme steckt. Aber interessanter Weise war es sehr schwer, etwas über Volker Niederfahrenhorst zu erfahren. Wie es scheint, schätzt er seine Privatsphäre sehr, was ich auch respektiere. Das Wenige, was auf Verlagsseiten und Sprecheragenturen zu finden ist, gibt Aufschluss, dass er neben seiner vielfältigen Sprechertätigkeit für Buch und Film ein TV- und Theaterschauspieler ist und auch schon an der Alanus Hochschule unterrichtete, passender Weise natürlich als Dozent für Darstellung und Rollenstudium.
Ich würde mir sehr wünschen, dass Volker Niederfahrenhorst noch den einen oder anderen bisher nicht oder nur in gekürzter Version erschienenen Scheibenweltroman vertonen würde. In wieweit diese Hoffnung sich aber bewahrheiten könnte, kann ich leider nicht sagen. Es gibt noch Lücken zu füllen und mit den Neuübersetzungen vielleicht auch noch den einen oder anderen alten, bereits vertonten Roman, der neu eingelesen werden könnte. Lesestoff gäbe es also genug. Aber auch wenn es nur bei diesen 6 Büchern bleibt, so hat er einen mehr als bleibenden Eindruck hinterlassen. Besser könnte ein Start in die Geschichten der Scheibenwelt kaum sein. Die Messlatte liegt hoch für all diejenigen, die weitere Bücher eingelesen haben. Konnten Sie meine Erwartungen erfüllen? Mehr dazu im nächsten Paket.
Nachtrag vom 21. Juli 2015:
Wenn ich nicht wüßte, dass eine Hörbuchproduktion mehr als nur ein paar Tage dauert, hätte ich fast glauben können, Audible hätte mich erhört. Vor ein paar Tagen bin ich über ein neues Hörbuch von Terry Pratchett gestolpert, das gerade frisch als "Audible Exklusive" online gegangen ist (26. Juni 2015). Und was soll ich lange schreiben: Volker Niederfahrenhorst liest "Helle Barden" ungekürzt. Bisher habe ich 4 der 13 Stunden schon gehört und das Grinsen geht mir nicht mehr aus dem Gesicht. Ich freue mich auf den Rest von diesem und auf noch hoffentlich viele weitere Terry Pratchett Hörbücher. Wenn tatsächlich noch mehr kommen, werde ich diesen Beitrag hier dementsprechend dann etwas umschreiben und die Liste oben sauber ergänzen. Jetzt aber genieße ich einfach mal die Wächter-Geschichte. :)
Euer
Papa Rabe w^v^w
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